Einführung in die Problematik
Die Zahl der Hungernden in der Welt wächst seit Jahren. Die
tatsächlichen Gründe für Hunger sind nicht etwa Naturkatastrophen Kriege oder Pandemien,
sondern die Marktwirtschaft, die eine Ineffektivität der Güterverteilung
demonstriert. Es entsteht der Eindruck man könne das globale Hungerproblem
nicht lösen, obwohl genau das, genau jetzt möglich ist.
Man hatte sich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Hunger in der
Welt auszumerzen und die Zahl der Hungernden war in den wirtschaftsstarken
2000er Jahren tatsächlich rückläufig und erreichte das Minimum bei 629 Millionen
Menschen, doch seit dem Postkrisenzeitraum, der von Ökonomen als große
Stagnation bezeichnet wird, kehrte sich die Entwicklung wieder um. So nahm die
Zahl der Hungernden um 60 Millionen Menschen zu und nach Prognosen der
Vereinten Nationen soll bis 2030 der Wert von 841 Millionen erreicht werden.
Das heißt, jeder zehnte Mensch auf diesem Planeten wird
nicht in der Lage sein, sein Grundbedürfnis nach Ernährung zu befriedigen.
Die Hälfte der Hungernden lebt in Asien, noch ein Drittel in
Afrika. Laut den Prognosen soll bis zum Jahr 2030 diese Verteilung umgedreht
werden. In Asien wird sogar eine nominale Reduktion des Hungers erwartet. Grund
hierfür ist hauptsächlich das aktive Eingreifen des chinesischen Staates in die
Ökonomie, womit bereits im Jahr 2020 in China der Hunger gänzlich besiegt
wurde. Währenddessen in Afrika, wo der Weg der freien Marktwirtschaft bevorzugt
wird und die Staaten nicht als Regulatoren wirken können, soll die Zahl der
Hungernden um 70% steigen. Das heißt, dass bis zum Jahr 2030 jeder vierte
Afrikaner keinen Zugang zu ausreichender Ernährung haben wird. Dabei handelt es
sich nur um die Formen vom schärfsten akuten Hunger. Daneben gibt es noch Fälle
von periodischer Mangelernährung, welcher im Jahr 2019 1,3 Milliarden Menschen
ausgesetzt waren. Somit sind im 21 Jahrhundert etwa 2 Milliarden Menschen von
der Nahrungsmittelversorgungssicherheit ausgeschlossen. Es ist ein Viertel der
Weltbevölkerung. Wenn man allerdings prüft, wie viele Menschen einen Zugang zu
ausgewogener Ernährung nach WHO Vorgaben haben, so stellt man fest, dass diese
nur der Hälfte der Weltbevölkerung zugänglich ist.
Auch wenn wir, die in den Industrieländern leben, von diesen Problemen nicht direkt betroffen zu sein scheinen, so ist es doch ebenso auch unser Problem, da die wichtigste Ressource der modernen Ökonomie nicht etwa Gold, Bitcoin oder Öl sind, sondern menschliches Potential mit den kreativen und schöpferischen Eigenschaften jedes Individuums, das unter diesen Bedingungen nicht zur Entfaltung kommen kann und somit technologischen und gesellschaftlichen Progress hemmt. Wissenschaft und Kultur zu fördern, Krankheiten zu heilen, den Weltraum zu erforschen, die Umwelt zu schützen wäre viel einfacher und effektiver, wenn nicht die Hälfte der Weltbevölkerung aus dem zivilisierten Leben ausgeschlossen werden würde, da sie ganz banal nicht genug zu essen bekommt.
Wie löst man also das Hungerproblem? Dafür muss man zunächst
seine Ursachen ergründen. Dabei handelt es sich um ein Problem, das von vielen
Faktoren abhängt. Die einfachste Erklärung sind schlechte Umweltbedingungen
oder Umweltkatastrophen, die es den Menschen in armen Ländern nicht ermöglichen
effektiv Landwirtschaft zu betreiben. Ein weiterer populärer Erklärungsansatz
sind soziokulturelle Bedingungen wie ineffektive Institute, Faulheit,
Rückständigkeit, daher sollen die Bewohner armer Länder im Gegensatz zu
Europäern und Amerikanern hungern. Allerdings zeigt die ökonomische Analyse der
armen Länder, dass deren Landwirtschaft alles andere als rückständig ist. Was
wir tatsächlich feststellen ist, dass trotz steigenden Hungers weltweit, viele
der ärmsten Länder Lebensmittel auf den Weltmarkt exportieren. Seit 2008 haben
sich Lebensmittel Exporte aus den am meisten von Hunger geplagten Ländern
verdoppelt.
Dabei liegt die Unterstützung der Ärmsten heute unterhalb
der Werte der Kolonialzeit. Während 1878 der Energiebedarf für einen
arbeitenden Inder auf 1627 Kilokalorien angesetzt wurde, so belaufen sich die
Hilfen in Zeiten der Globalisierung auf lediglich 100 bis 200 Kilokalorien, was
nicht annähernd das Überleben sichern kann.
Das Nachbarland Pakistan zählt auch zu den am meisten von Hunger geplagten Ländern und hat im Jahr 2019 Lebensmittel im Wert von 27 Milliarden Dollar exportiert. Das Hauptexportgut ist Weizen. Pakistan ist der 6 größte Weizenexporteur der Welt. Ebenso nimmt Pakistan Platz 4 bei Milchexporten ein, Platz 5 bei Zucker, Platz 10 bei Reis. Die meisten Exporte gehen in die EU, USA, China, oder Vereinigte Arabische Emirate. Hierbei besitzen 5% der Pakistanis 2/3 des Farmlands.
Kurz gesagt es gibt eine Menge solcher Beispiele.
Gleichzeitiger Hunger und Lebensmittelexporte sind keine zufälligen Fehler der
Marktmechanismen. Für die kapitalistische Wirtschaft sind dies ganz normale
Zustände. Das Business interessiert sich nicht für die Lage der Menschen, die
Waren werden an den verkauft, der am meisten bezahlt. Dabei sind die
Verbraucherpreise in armen Ländern tatsächlich niedriger, als in den
Industriestaaten, was aber den dort lebenden Menschen nichts nützt, da die
Ursache dessen eine niedrige Entlohnung der Arbeitskraft ist. Somit sind die
Lebensmittelpreise in Entwicklungsländern nur für die ausländischen Einkäufer
niedrig, nicht jedoch für die dort lebende Bevölkerung. Daher ist die
Globalisierung und die Unterwerfung armer Länder unter das Diktat
internationaler Konzerne der primäre Grund für den globalen Hunger. Der freie
Markt ermöglicht es den Reichen und Starken sich auf Kosten der Ärmeren und Schwächeren
zu bereichern.
Ineffektivität durch Produktionsverluste und Konzentration
Ein weiteres Kernproblem ist die Ineffektivität des Marktes bei der Verteilung der Güter. Während 800 Millionen Menschen weltweit hungern und knapp 4 Milliarden kein Zugang zu ausgewogener, regelmäßiger Ernährung haben, gehen im Produktionsprozess rund ein Drittel der Lebensmittel verloren. So wurden im Jahr 2019 - 931 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Da die Lebensmittel vornehmlich aus armen Ländern zu niedrigen Preisen eingekauft werden, gibt es keine ökonomische Notwendigkeit diese vor dem Verfall zu schützen. Dabei ist der Anteil der Lebensmittelverluste im Prozess der Produktion und des Transports in armen, wie reichen Ländern ähnlich. So sind die Verluste im Stadium des Verkaufs und Konsums in reichen Ländern um ein Vielfaches höher. Marketingstrategien verhindern den Verkauf von sogenannten „hässlichen Lebensmitteln“, sodass beispielsweise in Großbritannien 25% der Äpfel vernichtet werden. Ebenso führen Fast Food Standards dazu, das ein Burger bei McDonald's nach 10 Minuten Liegezeit weggeworfen wird. Für die Unternehmen gibt es keinen ökonomischen Nutzen Lebensmittel zu erhalten. Bei wirtschaftlichen Krisenereignissen werden sogar Produkte die nicht verkauft werden konnten, zur Preisstabilisierung, einfach vernichtet, wie zum Beispiel durch Massentötung von Hühnern oder Umpflügen von nicht nachgefragter Ernte.
Kurz gesagt ist der Hunger auf unserem Planeten weniger ein
technisches Phänomen, sondern ein ökonomisches. Die Eigentums- und Produktions-Verhältnisse,
wie Profit als primäre Triebkraft jeglichen Wirtschaftens im kapitalistischen
System, entnehmen zunächst die Produktion der armen Länder um sie später
teilweise zu vernichten. Das führt zur sinnlosen Verschwendung von Ressourcen
und menschlicher Arbeit und macht es unmöglich die Probleme des Hungers zu
lösen, obwohl schon heute in der Welt genug Lebensmittel produziert werden, um
alle Menschen mit Nahrung versorgen zu können.
Die Organisationen der Vereinten Nationen drücken regelmäßig
ihre Besorgnis zu diesem Thema aus, haben jedoch nicht den Mut die
grundlegenden Ursachen für diese Probleme zu benennen. Stattdessen raten
zahlreiche Experten immer wieder bei sich selbst anzufangen. Es wird empfohlen
die richtigen Waren zu kaufen, sie korrekt zu lagern, auch hässliches Obst zu
kaufen und Lebensmittel nicht zu verschwenden. Dieses ist jedoch der kleinste Teil
der Lösung und bringt nicht viel mehr, als ein gutes Gefühl. Letztlich sollte
es klar sein, dass mit solchen Maßnahmen im Paradigma der Marktwirtschaft
dieses Problem nicht grundlegend gelöst werden kann. Nicht äquivalenter Tausch,
globale Ausbeutung, Bildung von Monopolen und Monopsonen, Überproduktion und Inflation
sind nicht einfach Folgen vom Geiz und Gier der Konzerne. Der Markt kann
einfach nicht anders arbeiten.
Derzeit ist die Nahrungsindustrie, eine der am meisten
konzentrierten Industrien der globalen Wirtschaft. Die Konzentration ist sowohl
horizontal (wenige Akteure in jedem Teilsektor), als auch vertikal (entlang der
Wertschöpfungskette) konzentriert. Kredite, Betriebsmittel, Vertrieb sind
häufig in einem Konzern gebündelt.
Schätzungen zufolge machen ADM, Bunge, Cargill und (Louis) Dreyfus zwischen 75 und 90 % des weltweiten Getreidehandels aus.
Exorbitante Gewinnsteigerungen
der größten Düngemittelproduzenten der letzten Jahre ergaben sich nicht etwa
aus höherer Nachfrage oder Preissteigerungen durch ein geringeres Angebot,
sondern durch kartellähnliches Verhalten bei der Preisgestaltung der größten
Konzerne, legitimiert durch gegenstandslose Behauptungen über potentiell
drohende Versorgungsengpässe.
Die bezeichneten Probleme sind keine zufälligen Ereignisse,
sondern notwendige Bedingungen der Kapitalakkumulation, dem wichtigsten Gesetz
der Marktwirtschaft.
Das Hungerproblem zu lösen und somit ein Schritt in Richtung
sozialen und wissenschaftlichen Fortschritts zu machen kann man schon heute.
Die Produktivkräfte sind heute weit genug entwickelt, um das Hungerproblem zum
Relikt der Vergangenheit zu machen. Doch dafür müsste man sich von den
archaischen, lange ihren progressiven Charakter eingebüßten Produktionsverhältnissen
der Marktwirtschaft abwenden.
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