Samstag, 14. April 2018

Die rote Linie ist überschritten

Wie Syrien unter Vorwand der Humanität zerstört wird

Raketenangriff vom 14.04.2018

© AP PHOTO / HASSAN AMMAR

Raketenangriff


In der Nacht des 14.04.2018 haben die Streitkräfte der westlichen Koalition unter Beteiligung der USA, Großbritanniens und Frankreichs einen Raketenangriff gegen mehrere Objekte in Syrien durchgeführt.

Nach Angaben des russischen Generalstabs wurden:
4 Raketen auf den Flugplatz in Djuvali abgefeuert, alle 4 wurden abgefangen,
12 Raketen auf den Flugplatz Dumair, alle 12 abgefangen,
18 Raketen auf den Flugplatz Blay, alle 18 abgefangen,
12 Raketen auf den Flugplatz Shayrat, alle 12 abgefangen,
9 Raketen auf den stillgelegten Flugplatz Mezze, 5 wurden abgefangen,
16 Raketen auf den Flugplatz in Homs, 13 abgefangen,
30 Raketen auf die Gebiete von Barzeh und Jaramana, 7 wurden abgefangen.

Die Angriffe wurden in Gebieten außerhalb der Wirkungszonen der russischen Raketenabwehr ausgeführt um die Gefahr einer Konfrontation mit Russland zu minimieren. Somit hat die Raketenabwehr der syrischen Regierungsstreitkräfte gute Effektivität gezeigt, soweit man sich auf die Angaben des russischen Militärs verlassen kann. 
Nach heutigen Informationen gab es keine Toten, drei Menschen wurden verletzt.
© SPUTNIK / PAVEL LISITSYN

Hintergründe


Die Raketenangriffe erfolgten als Reaktion auf Informationen über einen Mutmaßlichen Chlorgasangriff seitens der syrischen Regierung. Die Meldung stammte von der Organisation Weißhelme, einer syrischen Zivilschutzorganisation mit Sitz in Großbritannien. 
Als Beleg wurden Videoaufnahmen vorgelegt, auf denen zu sehen ist, wie die Mitglieder der Weißhelme Menschen, die mutmaßlich mit Giftgas kontaminiert wurden, aus Schläuchen mit Wasser abduschen.  

Während der US-Präsident Donald Trump per Twitter einen Raketenangriff als Reaktion ankündigte, war die Beteiligung Großbritanniens und Frankreichs etwas überraschend. Diesen Entschluss fassten Premierministerin Theresa May und Präsident Emmanuel Macron ohne die Zustimmung der Parlamente ihrer Länder.

Der Zeitpunkt für diesen Angriff wirft wichtige Fragen auf. Denn heute, am Samstag, dem 14.04.2018 sollten Inspektoren der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ihre Arbeit in der Untersuchung des vermeintlichen Giftgasangriffes in Ost-Ghouta vom 7. April aufnehmen, bei dem mindestens 42 Menschen nach Angaben der Tageschschau getötet worden sein sollen. 
Als sofortige Reaktion folgte ein Raketenangriff aus dem Luftraum des Libanon, den vermutlich Israel zu verantworten hat.

Etwa einen Monat zuvor eröffnete der russische Generalstab in Syrien, dass man über Informationen verfüge, dass eine Provokation unter Einsatz chemischer Kampfstoffe seitens der Rebellen geplant wird.


Motive


Der Einsatz chemischer Waffen seitens der syrischen Regierung zu diesem Zeitpunkt entzieht sich jeglicher Logik. Das Gebiet um Ost-Ghotua wurde bereits zu 95% zurückerobert und wissend um die Konsequenzen war ein Chemiewaffeneinsatz durch die syrische Armee nicht im Interesse der Regierung Assad. Diese Einschätzungen bestätigten unter anderem der Vorsitzende der Deutsch-Arabischen-Gesellschaft Dr. Michael Lüders und der Leiter des Zentrums für Forschung der Arabischen Welt (Uni Mainz) Prof. Günter Meyer.
Es ist zu erwähnen, dass beim Chemiewaffenangriff vom April 2017, der mit einem Angriff durch 59 Tomahawk Marschflugkörper der USA auf den Flugplatz asch-Schairat vergolten wurde, bei dem syrische Soldaten getötet wurden, nicht zweifelsfrei festgestellt worden konnte, wer für diesen Angriff verantwortlich war. 
Herr Prof. Günter Meyer geht hier weiter, und legt nahe, dass diese Chemiewaffenangriffe inszeniert wurden und als Operationen unter falscher Flagge durchgeführt worden waren um die Verantwortung Präsident Baschar al Assad zuzuschreiben und diesen als ilegitim darzustellen. Das erklärte er in der Phoenix-Runde vom 12.04.2018.

Syrien ist im Oktober 2013 unter diplomatischen Bemühungen der USA und Russlands dem Chemiewaffenabkommen beigetreten infolgedessen 1000 Tonnen Chemisches Arsenal durch die OPCW vernichtet wurden.


Sachlage


Ein solcher Militärschlag ohne vorherige Untersuchung und Vorlage unwiderlegbarer Beweise stellt einen massiven Bruch des internationalen Völkerrechts dar. Dabei wird Argumentiert, dass dies aus humanitären Gründen notwendig sei. 
Zudem wurden die Angriffe nach Angaben der Koalition gegen Objekte zur Produktion von Chemiewaffen durchgeführt, was aber eine erhöhte Gefahr der Kontamination der umliegenden Gebiete darstellen kann.

Man muss nicht sehr weit zurückblicken, um sich zu erinnern, wie Colin Powell medienwirksam vor den Vereinten Nationen ein Reagenzglas mit weißem Pulver präsentierte. 2003 überfielen die USA und Großbritannien mit weoteren Verbündeten, als "Koalition der Willigen" den Irak. Die militärische Spezialoperation lief unter derm Namen "Iraqi Freedom". Die Basis bestand aus, wie wir heute wissen, nachweislich gefälschten Beweisen. Als Folge dessen entstand in der Region ein Machtvakuum, dass den Aufstieg des Islamischen Staates ermöglichte und den Terrorismus in Europa beflügelte.
In der Gegenwärtigen Situation wird lediglich auf Videos aus sozialen Medien und zweifelhaften Quellen, wie auch die bereits erwähnten "Weißhelme" verwiesen und ohne Prüfung zugeschlagen.

Ebenso basiert der heute vom französischen Verteidigungsministerium veröffentliche Geheimbericht auf Bildern aus sozialen Netzwerken und Medien.


Die Bundesregierung und Folgen


Bundeskanzlerin Merkel hat den Angriff auf Syrien als erforderlich und angemessen bewertet.  Der Standpunkt der Bundesregierung ist besonders erschreckend, wenn man bedenkt, dass sie nach eigenen Aussagen das Völkerrecht und die Rechtsstaatlichkeit achtet und verteidigt.
Es liegt nahe, dass die Bevölkerung Syriens und ihr Recht auf Frieden und Leben in diesem Krieg lange keine Rolle mehr spielt, sondern die geostrategischen Interessen der Großmächte und Europas.
Es scheint aber der Bundesregierung schwer zu fallen sich festzulegen, welche Interessen sie selbst verfolgt und wie diese mit unseren Werten vereinbar sind.

Es bleibt außerdem noch offen, wie dieser Akt der Gewalt mit dem skandalösen Fall "Skripal" und der europäischen Solidarität politisch zusammenhängt.

Die Situation in der Welt ist heute so angespannt, wie vermutlich noch nie. Es bleibt abzuwarten wie und ob Russland als Verbündeter Syriens auf dieses Destruktivite Vorgehen des Westens reagiert. Eine UN-Versammlung wurde bereits einberufen, wie die Erfahrung der letzten Jahre aber zeigt gibt es wenig Hoffnung, dass auf diesen Kanälen Lösungen entstehen.

Quelle: Reuters